Wir verraten, was Sie über das Thema "Whistleblower" wissen müssen und beleuchten gesetzliche Grundlagen

Wir verraten, was Sie über das Thema "Whistleblower" wissen müssen und beleuchten gesetzliche Grundlagen

Wir verraten, was Sie über das Thema "Whistleblower" wissen müssen und beleuchten gesetzliche Grundlagen

Beim Whistleblowing (etwas aufdecken, jemanden verpfeifen) werden Hinweise auf Missstände in Unternehmen, Hochschulen, Verwaltungen etc. gegeben. Der Whistleblower ist meist ein, auch ehemaliger Mitarbeiter, der aus eigener Erfahrung berichtet, er will meistens möglichst rechtzeitig über unethisches Verhalten berichten oder Missstände aufdecken.

Spätestens seit den Enthüllungen von Edward Snowden und des Wikileaks-Gründers Julian Assange ist der Begriff „Whistleblower“ den meisten ein Begriff und das Thema Whistleblowing immer öfter Bestandteil der medialen Berichterstattung.

Beispiele wie der Fall Wirecard zeigen, dass das Thema Whistleblowing an Bedeutung gewinnt. „Letzthin wurden die Bestimmungen auf diesem Gebiet verschärft: Im Falle der Missachtung der Regeln über den Umgang mit solchen Meldungen durch Unternehmen und öffentliche Körperschaften drohen Strafen von bis zu 50.000,00€.“, weist RA Roberto Scandamarro hin.

Whistleblower: Verräter oder Helden?

Für viele gelten sie als Helden, da ihnen die Aufklärung der Gesellschaft wichtiger ist als die Angst vor möglichen Konsequenzen oder die Veränderung ihrer persönlichen Situation.

Hinweisgebern haftet häufig ein negatives Image an, doch Whistleblower sind keine Denunzianten oder Verräter.

Warum ist Whistleblowing für Unternehmen von Vorteil?

Whistleblower leisten sowohl ihrer Organisation als auch der Gesellschaft einen wichtigen Dienst. Wenn Unternehmen die Chance haben, Missstände intern zu klären und proaktiv dagegen vorzugehen, bevor sie in der Presse landen, verhindern sie Strafen und Imageschäden. Die Association of Certified Fraud Examiners (ACFE) hat herausgefunden, dass 42 % der Betrugsfälle in Unternehmen durch Whistleblower aufgedeckt werden, mehr als doppelt so viel wie durch Managementprüfungen oder andere Mittel. Es besteht kein Zweifel, dass diese Praxis ein wesentliches Merkmal jeder Organisation sein sollte.

In erster Linie ermöglicht es den Unternehmen, Verstöße direkt und schnell zu ahnden und so möglicherweise große finanzielle Verluste durch Betrug zu vermeiden. „Darüber hinaus besteht kein Zweifel daran, dass Mitarbeiter, die ihre Meinung äußern, Loyalität und Ehrlichkeit gegenüber der Organisation, in der sie arbeiten, zeigen und so ein ethisches Arbeitsumfeld fördern.“, fügt Mirko Udovich hinzu. Gleichzeitig beugt es auch der Haftung von Führungskräften für ansonsten verdeckt gebliebene Missstände vor.

Die Vorteile von Whistleblowing in einer Organisation sind also beträchtlich, und die Bereitstellung klar definierter Richtlinien zusammen mit einem zugänglichen System zeigen das Engagement des Unternehmens für einen ethischen Arbeitsplatz. Denn wer mag nicht eine Organisation, in der die Stimme der Mitarbeiter geschätzt wird und Maßnahmen gegen illegale Aktivitäten ergriffen werden?

Dass diese Form von Engagement nicht nur Respekt verdient, sondern auch schützenswert ist, hat auch die Politik mittlerweile verstanden:

„Im März 2023 setzte Italien die EU-Richtlinie 2019/1937 zum Schutz von Hinweisgebern mittels des Hinweisgeberschutzgesetzes (gesetzesvertretendes Dekret Nr. 24/2023) um, welches Schutzregelungen für Hinweisgeber in Unternehmen und Behörden aufstellt.“, berichtet RA Simon De Zordo.

„Das italienische Hinweisgeberschutzgesetz trat am 30. März 2023 in Kraft. Ab dem 15. Juli 2023 müssen Unternehmen mit durchschnittlich mindestens 250 Mitarbeitern im Dreijahreszeitraum sowie öffentliche Körperschaften und öffentliche Gesellschaften interne Hinweisgebersysteme für einen geeigneten Hinweisgeberschutz eingerichtet haben. Ab dem 17. Dezember 2023 folgen dann alle anderen Unternehmen mit bis zu 249 abhängig Beschäftigten im zurückliegenden Geschäftsjahr.“, verdeutlicht RA Roberto Scandamarro.

Das Gesetz regelt den Schutz natürlicher Personen, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangt haben und diese an die internen oder externen Meldestellen weitergeben (hinweisgebende Personen). Dies bezieht Arbeitnehmer, Beamte, Selbstständige, Gesellschafter, Praktikanten, Freiwillige, Mitarbeitende sowie Personen, deren Arbeitsverhältnis bereits beendet ist oder noch nicht begonnen hat, mit ein. Letztere müssen die angezeigten Umstände jedenfalls im Rahmen des Arbeitsverhältnisses oder während der Personalaufnahme in Erfahrung bringen. Das Hinweisgeberschutzgesetz verbietet jegliche Repressalien und Vergeltungsmaßnahmen gegenüber Hinweisgebenden.

 

Unsere Tipps für Unternehmen

Nach der EU-Datenschutzgrundverordnung ist das Hinweisgeberschutzgesetz die nächste Compliance Regulierung mit einem breiten Spektrum betroffener Organisationen.

  • Die Firmen sollten sich rechtzeitig um die Einrichtung professioneller Compliance-Strukturen kümmern, um die Meldung der Whistleblower über interne Meldekanäle zu fördern. Dabei ist zu beachten, dass im Zuge der Einführung der Meldekanäle die Arbeitnehmervertreter angehört werden müssen. Zumal es sich um besonders brisante Informationen handelt, kommt der Beachtung der Bestimmungen auf dem Gebiet des Datenschutzes ein besonderer Stellenwert zu.
  • Je besser die Kanäle wie z. B. ein internes Hinweisgebersystem kommuniziert werden und auf der Website oder im Intranet aufzufinden sind, desto mehr Mitarbeitende haben davon Kenntnis und können bei Bedarf darauf zurückgreifen. Nicht auszuschließen ist übrigens die künftige Bedeutung dieser Informationskanäle für die Teilnahem an bestimmten öffentlichen Ausschreibungsverfahren, die Inanspruchnahme von Förderungen und Begünstigungen sowie des Bezugs von öffentlichen Beiträgen.
  • Der professionelle Einsatz von digitalen Hinweisgebersystemen in Unternehmen und im öffentlichen Sektor kann viele Verbrechen und Skandale verhindern oder aufklären. Gleichzeitig gelten solche Systeme als Bestandteil einer in den Verantwortungsbereich der Führungskräfte fallenden, angemessenen Betriebsorganisation. Bezeichnenderweise greift die Verpflichtung unabhängig von der Zahl der Beschäftigten für alle Unternehmen mit einem im Sinne des gesetzesvertretenden Dekrets Nr. 231/2001 eingeführten Organisationsmodells.
  • Auch für mittelständische und kleine Firmen gibt es bereits kostengünstige Lösungen, unter anderem von lokalen Anbietern. Oftmals wird ein digitales System auch mit einer Ombudsperson von außen, etwa einem Rechtsanwalt, kombiniert.
  • Neben der bloßen Meldung der Vorfälle können die Hinweise auch im System weiterbearbeitet und geprüft werden.

 

Was Whistleblowing nicht ist

Berichte über persönliche Missstände, eine unfaire Behandlung, eine persönliche Beschwerde z.B. auf das Verhalten eines Kollegen ist keine Whistleblowing-Angelegenheit und dies sollte in den Firmenrichtlinien klar formuliert sein. Solche Beschwerden müssen von der Personalabteilung bearbeitet werden. „Andererseits bieten die Whistleblowing-Kanäle keine Immunität im Falle von falschen Beschuldigungen, aber sehr wohl, falls der Anschein eines rechtswidrigen Verhaltens besteht.“, stellt RA Simon De Zordo klar.

 

Was sind typische Fälle, über die Whistleblower berichten?

Eine Whistleblowing-Angelegenheit muss ein Fehlverhalten sein, das ein öffentlichen Interesse oder die Integrität der öffentlichen Körperschaft oder des Privaten betroffen sind. Es gibt viele unterschiedliche Szenarien für Whistleblowing, oftmals betrifft es jedoch die folgenden Bereiche:

  • Betrug oder Korruption
  • Diskriminierung und Belästigung am Arbeitsplatz
  • Verstöße gegen Gesundheits- und Sicherheitsstandards
  • Umwelt- oder Sachschäden
  • Bestechung
  • Missstände oder Missmanagement
  • Missbrauch von Daten
  • Straftaten

 

Was Personaler über Whistleblowing und Hinweisgeberschutz wissen sollten

Die HR-Abteilung spielt für glaubwürdige Compliance und im Ernstfall bei der Untersuchung von Meldungen eine wichtige Rolle.

Generell kann Human Resources einiges dazu beitragen, dass die Mitarbeitenden den Compliance -Prozessen im Unternehmen vertrauen und Missstände im Ernstfall offen ansprechen.

Personalabteilungen übernehmen eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, eine vertrauensvolle und angenehme Unternehmenskultur zu etablieren. Sie sollten natürlich mit dem Code of Conduct  gut vertraut sein und die Werte des Unternehmens vertreten bzw. auch selbst vorleben.

Human Resources sollte neue Angestellte daher beim Onboarding direkt über den Code of Conduct unterrichten und darauf hinweisen, dass das Unternehmen eine interne Meldestelle eingerichtet hat. Die Personalabteilung sollte sicher gehen, dass das Hinweisgebersystem für alle Mitarbeitenden problemlos erreichbar ist, etwa durch eine Verlinkung im Intranet.

Wer gemäß der gesetzlichen Regelung mit der Verwaltung der Hinweise ständig beauftragt wird, muss über eine spezifische Ausbildung und über eine weitreichende Autonomie auf diesem Gebiet verfügen, also vor der Einflussnahme durch Dritte geschützt sein.

Kommt es zu Verstößen, liegen die disziplinarischen Folgen bei der Personalabteilung und sollten in Abstimmung mit der Rechtsabteilung erfolgen. Nicht zuletzt unterstützt das Human Resources-Management idealerweise durch Schulungen den Aufbau und Erhalt der Compliance-Kultur.

 

Wenn der Ernstfall eintritt

Geht eine Meldung ein, muss das Unternehmen zügig reagieren: Das Gesetz gibt vor, dass innerhalb von sieben Tagen nach Eingang der Meldung eine Eingangsbestätigung an die Hinweisgeberin oder den Hinweisgeber ergehen muss und eine Rückmeldung über das Ergebnis und die Konsequenzen der Untersuchung innerhalb von drei Monaten ab der innerhalb von sieben Tagen zu übermittelnden Empfangsbestätigung der Meldung erfolgen muss.

Wird die Meldung nicht von einem externen Experten untersucht, sondern intern betrachtet, können Personaler zum Compliance-Team hinzugezogen werden. Zuweilen kann Human Resources die Stichhaltigkeit oder Konsequenzen eines Vorwurfs sogar am besten beurteilen, etwa wenn sie sich direkt auf das Fehlverhalten einer Person beziehen.

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Dr Mirko Udovich
Autor Dr. Mirko Udovich
Geschäftsführender Gesellschafter

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